Historisch belastete Straßennamen untersuchen und einen Vorschlag für den Umgang damit erarbeiten

Aktualisiert am 30.06.2015

Das Direktorium-Stadtarchiv wird gebeten, gemeinsam mit dem Kommunalreferat-GeodatenService München ein Gutachten in Auftrag zu geben, das sich mit problematischen Straßenbenennungen im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus befasst.

Antrag
Der gesamte Bestand kritischer, aktueller Straßennamen in München soll identifiziert und Vorschläge und Empfehlungen für den Umgang damit erarbeitet werden. Das Gutachten soll aufzeigen, welche Straßenbenennungen und Umbenennungen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 vorgenommen wurden, und welche Um- und Rückbenennungen nach 1945 unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der NS-Zeit erfolgten. Ein Augenmerk ist dabei nicht nur auf Funktionsträger des NS-Terror-Regimes zu legen, sondern ebenso auf ideologische Wegbereiter, die bereits vor 1933 durch eine Straßenbenennung geehrt wurden. Außerdem sind Straßenbenennungen nach 1945 daraufhin zu überprüfen, ob die jeweilige Rolle des Namensgebers oder der Namensgeberin in der NS-Zeit in der notwendigen Tiefe geklärt worden ist.

Begründung:
Die Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums hat die Geschichte Münchens im Hinblick auf dessen Rolle in der NS-Zeit als Hauptstadt der Bewegung wieder der Öffentlichkeit ins Bewusstsein gebracht. Die Stadt hat schon in der Vergangenheit immer wieder das Thema aufgegriffen, wie mit Straßenbenennungen nach Persönlichkeiten, die in der NS-Zeit eine unrühmliche Rolle gespielt haben, umzugehen ist. Eine Reihe von Umbenennungen waren die Folge (z.B. Meiserstraße jetzt Katharina-von-Bora-Straße). Dennoch gibt es auch in München noch Straßen, deren Namensgeber heute mehr als kritisch gesehen werden. Immer wieder wird Kritik daran laut, dass diese Personen bis heute mit Straßennamen geehrt werden. Der Umgang mit dieser Kritik ist für den Stadtrat nicht einfach, da schwierige historische Zusammenhänge zu betrachten sind. Persönliche Verwicklungen und Schuldvorwürfe müssen zunächst einer historischen Betrachtung unterliegen, bevor politische Konsequenzen ergriffen werden können.

Um mit solchen Fällen in Zukunft besser umgehen zu können, ist ein Gutachten der genannten Art erforderlich. Vorbild sollte dabei die baden-württembergische Landeshauptstadt sein, die im Jahr 2009 ein Projekt aufgelegt hat, das sich mit dem Thema Straßenbenennungen und – umbenennungen mit Blick auf die NS-Zeit befasst hat. Das Ergebnis der Untersuchungen ist in dem Buch von Peter Poguntke „Braune Feldzeichen – Stuttgarter Straßennamen in der NS-Zeit und der Umgang nach 1945“ festgehalten.
Wichtig ist bei dem genannten Auftrag, dass nicht nur die Betrachtung der Persönlichkeiten, die in der NS-Zeit eine problematische Rolle gespielt haben, stattfindet, sondern dass auch Hinweise auf Orte und Ereignisse, die mit dem Nationalsozialismus in Deutschland in Verbindung stehen, untersucht werden.
Die wissenschaftliche Untersuchung soll dazu führen, dass der Stadtrat einen verbindlichen und souveränen Umgang mit historisch belasteten Straßennamen findet.

gez.
Hans Dieter Kaplan
Alexander Reissl
Ulrike Boesser
Heide Rieke
Jens Röver
Beatrix Zurek
Klaus Peter Rupp
Verena Dietl
Christian Müller
Christian Vorländer
Stadtratsmitglieder