München baut zirkulär – Förderung für kreislaufgerechtes Bauen
Aktualisiert am 19.05.2022
Antrag:
Das Referat für Klima- und Umweltschutz erweitert das bestehende Förderprogramm Energieeinsparung (FES) um den zusätzlichen Fördertatbestand „Zirkuläres Bauen“. Dadurch werden Bauvorhaben, die die Prinzipien von Urban Mining / Cradle-to-Cradle entsprechend der Förderkriterien anwenden, finanziell gefördert.
Zur Erprobung dieses innovativen und bisher wenig erprobten Fördertatbestands führt die Landeshauptstadt München mehrere Pilotprojekte durch, bei dem die Erweiterung des FES im Rahmen eines Zuschusses erprobt wird. Ein Pilotprojekt soll dabei mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft durchgeführt werden. Dabei sollen die Rahmenbedingungen in enger Abstimmung mit GEWOFAG und GWG festgelegt werden, um auch zu realistischen Festlegungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau kommen zu können.
Begründung:
Zukünftige Neubauten und Sanierungen in München sollten klimagerecht und ressourceneffizient erfolgen. Dafür prädestiniert ist das kreislaufgerechte Bauen, z.B. durch Wiederverwendung von Bestandteilen aus Abriss- und Umbauobjekten (Urban Mining), Wiederverwertung durch Sekundärrohstoffe oder Einbau von kreislauffähigen Materialien (einstofflicher Wandaufbau, lösbare Verbindungen). Um diese Art des Bauens wettbewerbsfähig und für Bauträger attraktiv zu machen, braucht es einen Ausgleich der derzeit anfallenden Mehrkosten v.a. für das Finden und Prüfen von geeigneten Objekten sowie für die komplexere Ausführungsplanung bei recyclinggerechten Konstruktionen gegenüber konventionellen Bauweisen.
Das Förderprogramm Energieeinsparung hat sich in München als Instrument für private und genossenschaftliche Bauträger etabliert und wird gut angenommen. Um den Tatbestand „Nachwachsende Rohstoffe“ erweitert, erreicht es bereits eine Steuerungsfunktion. Noch nicht enthalten ist dagegen der Fördertatbestand Zirkuläres Bauen, der kreislaufgerechtes Bauen, Zero-Waste-Prinzipien, Urban Mining und Cradle to Cradle berücksichtigt. All dies sind bekannte Konzepte .(1)
Sie wurden bereits in kleineren Objekten beispielhaft erprobt, z.B. beim Neubau des Rathauses im hessischen Korbach oder beim Betonrecycling an der Bayernkaserne.(2)
Nun bietet sich die einmalige Chance für München, als weltweit erste Großstadt kreislaufgerechtes Bauen stadtweit zu etablieren!
Das Potential für Abfallvermeidung und CO2-Einsparung ist enorm: In Deutschland fallen pro Jahr ca. 200 Mio. Tonnen Bau- und Abbruch-Abfall an. Dies entspricht über 50 % des gesamten deutschen Abfallaufkommens!(3) Von diesen 200 Mio. Tonnen wurden im Jahr 2018 nur 73 Mio. Tonnen recycelt, vor allem durch Downcycling im Straßenbau.(4) Eine Wiederverwendung, z.B. von Bauteilen oder Materialien wie Fenstern, Ziegeln oder Sanitärobjekten findet so gut wie nicht statt. Dem Bauwesen fällt aber eine Schlüsselrolle bei der Ressourceneffizienz zu. Hinzu kommt die große Bedeutung des Bauwesens beim Klimaschutz. Rund 38 % der CO2-Emissionen entstehen bislang im Bausektor!(5) Eine Reduzierung in diesem Bereich nützt der Gesamtbilanz der Landeshauptstadt München hin zur Klimaneutralität.
Und auch finanziell lohnt es sich: Recyclinggerechte Konstruktion ist zwar in der Errichtungsphase teurer als konventionelle Konstruktion. Wenn man jedoch den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes mit einbezieht (Errichtung, Nutzung und Rückbau), liegen die Gesamtkosten bei recyclinggerechten Konstruktionen um über 30 % niedriger!(6) Dies ergibt sich, da in den Phasen Instandsetzung und Rückbau durch die Möglichkeit des sortenreinen Rückbaus die Rohstoffe im Kreislauf bleiben und somit weiter verwertet werden, statt Entsorgungskosten zu verursachen.
Kreislaufgerechtes Bauen ist konzeptionell verstanden und gut erforscht, spielt aber in der Praxis des Bausektors in München bislang nur eine marginale Rolle. Die Erweiterung des FES um den Fördertatbestand Zirkuläres Bauen vermag dies langfristig und dauerhaft zu ändern. Die Auswahl und Gewichtung der Förderkriterien sowie die Wahl von angemessenen Förderhöhen ist weltweit Neuland. Um diese innovativen Förderkriterien für München festlegen zu können, sollen sie daher zunächst im Rahmen mehrerer Pilotprojekte im kreislaufgerechten Bauen getestet und evaluiert werden.
Dr. Julia Schmitt-Thiel
Anne Hübner
Felix Sproll
Andreas Schuster
Lars Mentrup
Mitglieder des Stadtrats
SPD/Volt-Fraktion
Mona Fuchs
Dominik Krause
Judith Greif
Florian Roth
Anna Hanusch
Julia Post
Florian Schönemann
Mitglieder des Stadtrats
Fraktion Die Grünen – Rosa Liste
Tobias Ruff
Sonja Haider
Dirk Höpner
Nicola Holtmann
Mitglieder des Stadtrats
Fraktion ÖDP/München-Liste
(1)Siehe dazu: Offener Brief der Architects for Future an die Bundesbauminister-Konferenz (18./19.11.2021) Vorschläge für klimaneutrales und klimapositives Bauen
(2) Quellen: https://www.enbausa.de/finanzierung/aktuelles/artikel/gebaeude-sind-wichtige-rohstofflager-der-zukunft-7047.html sowie https://stadt.muenchen.de/infos/urge.html
(3) Quelle: Zentrum Ressourceneffizienz, http://www.ressource-deutschland.de/themen/bauwesen
(4)Quelle: Umweltbundesamt. Monitoring-Bericht Kreislaufwirtschaft Bau, 2021
(5)Quelle: IEA2020
(6)Quelle: Hillebrandt, Riegler-Floors, Rosen, Seggewies: Atlas Recycling. Edition Detail, München 2018
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