Aushängeschild Flexi-Heime – Herausforderungen der Wohnungslosenhilfe in der Corona-Pandemie

Aktualisiert am 19.10.2022

Flexi-Wohnheime haben sich in der Wohnungslosenhilfe Münchens etabliert und sind zu einem Aushängeschild geworden. In den Häusern kommen wohnungslose Münchnerinnen und Münchner unter und erhalten eine sozialpädagogische Betreuung, bis sie ein dauerhaftes Zuhause finden. Bis 2025 sollten insgesamt 5000 solcher Wohnheimplätze in der Stadt entstehen. Doch die Standortsuche ist schwierig und die Corona-Pandemie stellt die Betreiber*innen vor große Herausforderungen.

Das erste Flexi-Wohnheim in München eröffnete im Jahr 2017 auf Initiative der SPD-Fraktion in Trudering. Trotz vielfältiger Anstrengungen reichte das bestehende Angebot in der Wohnungslosenhilfe nicht aus. Die Lösung sollten Flexi-Wohnheime sein, die zum einen für wohnungslose Haushalte temporären Wohnraum zur Verfügung stellen, zum anderen aber bei sinkendem Bedarf auch etwa an Studierende vermietet werden könnten.

Die Heime halten also für besondere Ereignisse entsprechenden Raum vor und verhindern teure temporäre Bauten, zum Beispiel jetzt in der Corona-Pandemie, in der einzelne Gebäude als Quarantänestationen dienen. So tragen die Heime dazu bei, für besondere Ereignisse entsprechenden Raum vorzuhalten, um teure temporäre Bauten zu vermeiden. Gleichzeitig stellen sie Betreuungsangebote und Gemeinschaftsräume zur Verfügung, vor allem zur Förderung von Kindern und Jugendlichen, aber auch Angebote für Erwachsene.

Dazu sagt Christian Köning, stellvertretender sozialpolitischer Sprecher der SPD/Volt-Fraktion:

„Die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit bleibt ein Dauerbrenner. Der eingeschlagene Weg, in möglichst vielen Stadtbezirken Flexi-Wohnheime zu schaffen, ist richtig. Wir als Fraktion arbeiten daran, die Krise auf dem Wohnungsmarkt zu bekämpfen.“

Aktuelle Situation

Mittlerweile gibt es in München sechs Flexi-Heime mit 824 Plätzen für Alleinstehende, Paare und Familien. Für 2021 ist zwar kein neues Flexi-Wohnheim in Planung, dafür eröffnen aber das Arbeiterwohnheim am Hohenzollernplatz und das Wohnprojekt für junge Erwachsene an der Dantestraße. 2022 sollen an der Ständlerstraße (am 27.1.21 vom Stadtrat beschlossen) und in Freiham Nord Flexi-Heime mit jeweils ca. 100 Plätzen entstehen, 2023 ein Haus für Familien mit 220 Plätzen an der Hans-Klein-Straße und eines für Einzelpersonen und Paare mit bis zu 85 Plätzen im Münchner Süden. Fast fünf Millionen Euro bezahlt die Stadt in diesem Jahr für diese Unterbringungsform, insgesamt gibt das Sozialreferat für die Unterbringung Wohnungsloser fast 55 Millionen Euro pro Jahr aus.

Verena Büttner, Leiterin des Flexi-Heims der AWO München-Stadt an der Boschetsrieder Straße, sagt:

„Für viele unserer Bewohner/innen hat sich die wirtschaftliche Situation durch Arbeitsplatzverlust und die schwierige Arbeitsmarktsituation verschlechtert. Hilfsangebote sind schwerer erreichbar. Konflikte sind zum Teil unvermeidlich. Die Menschen können sich häufig kaum aus dem Weg gehen. Ausweichmöglichkeiten innerhalb und außerhalb unserer Einrichtung sind vor allem jetzt im Winter nur eingeschränkt nutzbar. Die notwendige Selbstisolation setzt besonders psychisch belasteten Menschen stark zu. Die Infektionsketten können aufgrund der kleinen Wohneinheiten kurzgehalten und einfach unterbrochen werden.“

Spezialfall junge Wohnungslose

343 junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren sind momentan im städtischen Wohnungslosensystem untergebracht. Davon sind 284 Männer und 58 Frauen. 77 Prozent von ihnen haben einen Fluchthintergrund. Sie haben spezielle Bedürfnisse. Oftmals bestehen gesundheitliche oder psychische Probleme, viele stammen aus zerrütteten Familien. Teilweise fehlt ihnen die Tagesstruktur, sie leiden unter Perspektivlosigkeit und sind nicht in Schule, Ausbildung oder Beruf integriert. Momentan leben sie gemischt mit anderen Wohnungslosen in städtischen Notquartieren, Beherbergungsbetrieben, Flexi-Heimen und Clearing-Häusern. Im neuen Wohnprojekt an der Dantestraße erhalten sie eine bessere sozialpädagogische Betreuung, der Personalschlüssel beträgt 1:16, nicht wie sonst üblich 1:45. So sollen die Bewohnerinnen und Bewohner besser unterstützt werden auf ihrem Weg in ein eigenständiges Leben.

Frank Holzkämper, Referatsleiter Jugend-, Flüchtlings- und Wohnungslosenhilfe der AWO München-Stadt, sagt:

„Flexi-Heime sind aus Sicht der AWO München-Stadt ein wichtiger und sozialpolitisch richtiger Baustein, um der hohen Zahl der Wohnungslosen zu begegnen. Insbesondere die Flexi-Heime mit Einzelzimmern sind gut geeignet, um das Kernziel, die Vermittlung in dauerhaften, eigenen Wohnraum, gut vorzubereiten.“

Initiative der SPD/Volt-Fraktion für mehr Flexi-Wohnheim-Plätze:

  • Aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ist davon auszugehen, dass sich Wohnungslosigkeit in München eher noch verstärken wird. Daher wird SPD/Volt im Münchner Stadtrat einen Schwerpunkt auf den passgenauen Ausbau der Angebote legen – trotz finanziell angespannter Lage.
  • Um mehr Plätze zu generieren, könnten freie Kapazitäten aus der Jugendhilfe umgeschichtet werden in Flexi-Wohnheims-Plätze und die Kriterien für die Gebäude überdacht werden.
  • Gleichzeitig wirbt die Fraktion für mehr Akzeptanz, damit der Ausbau der Flexi-Wohnheime über das Stadtgebiet verteilt gelingen kann. Kleine Einheiten mit 100 bis 200 Plätzen sorgen für eine sozialgerechte Durchmischung. Das zeigen die bisherigen Einrichtungen: Anfangs hatten Nachbarn oft Bedenken, nach der Eröffnung der Heime aber gab es kaum Beschwerden.

Dazu sagt Christian Müller, Vorsitzender der SPD/Volt-Fraktion:

„Mit den Flexi-Wohnheimen leisten wir einen Beitrag zur menschenwürdigen und sozial gerechten Unterbringung von wohnungslosen Menschen. Wir vermeiden die Stigmatisierung von Familien und helfen den Wohnungslosen, möglichst bald wieder ein eigenes Zuhause zu finden. Wir investieren auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weiter in unsere hervorragende Sozialstruktur. Dabei sind wir auch auf die Hilfe von privaten Hauseigentümern angewiesen: Deshalb appellieren wir an alle, die entsprechende Gebäude besitzen, sich zu melden.“