SPD/Volt stellt aktuelle Herausforderungen und Perspektiven in der Obdachlosenhilfe vor

Aktualisiert am 19.10.2022

Die Stadt München kümmert sich um obdachlose Menschen, auch unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie: Bettenplätze wurden ausgebaut, Quarantäne-Einrichtungen geschaffen sowie medizinische Beratung und Versorgung intensiviert. Dennoch stehen wir vor einem harten Winter und der großen Herausforderung, dass die Zahl der Wohnungslosen weiter steigen wird. Die SPD/Volt-Fraktion im Münchner Stadtrat setzt sich daher für einen Ausbau und eine Modernisierung der Angebote ein – und appelliert zu Weihnachten an alle Münchnerinnen und Münchner, die Schwächsten der Gesellschaft in dieser schweren Zeit nicht allein zu lassen.

Die Straßen in der Innenstadt sind leer. Gastronomie, Hotels und Geschäfte haben geschlossen. Das trifft auch die Obdachlosen. Betteln und Flaschensammeln sind nur schwer möglich. Verdienstmöglichkeiten als Tagelöhner fallen weg. Und die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln oder ein Arztbesuch sind schwierig, wenn man auf der Straße lebt. Die Stadt München und insbesondere das Sozialreferat haben aber umgehend auf die Situation, die durch die Corona-Pandemie entstanden ist, reagiert und die Angebote ausgebaut. Zwischen 550 und 1.000 Menschen leben in München auf der Straße. Ob die im Vergleich zu den Vorjahren in diesem Winter ansteigt, lässt sich noch nicht beurteilen. Die Zahlen im Übernachtungsschutz sind bisher stabil, allerdings werden Familien und vulnerable Gruppen anderweitig untergebracht. Die Bahnhofsmission verzeichnet schon jetzt mehr Zulauf. Für die kommenden Monate ist mit einer deutlichen Steigerung der Obdachlosigkeit zu rechnen. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise werden zu mehr Arbeitslosigkeit sowie Armut und damit auch zu mehr Wohnungslosigkeit führen.

Anton Auer, Bereichsleiter „Obdachlosigkeit“ beim evangelischen Hilfswerk

„Unsere Mitarbeitenden sind derzeit unter erschwerten Bedingungen tätig. Teilweise mussten wir unsere Angebote wegen der Abstands- und Hygieneregeln reduzieren. Wir versuchen trotzdem, die Menschen von der Straße zu kriegen. Unseren Wärmebus zum Beispiel haben wir umgebaut und wir müssen mit offenen Fenstern fahren. Zu Weihnachten haben wir normal geöffnet. Die Weihnachtsfeiern aber müssen wegen Corona ausfallen.“

Coronabedingte Anpassungen der Unterstützungsangebote

  • Das Sozialreferat hat gleich zu Beginn der Pandemie in einem Hostel 160 zusätzliche Bettplätze mit eigenen Sanitäranlagen und Catering für obdachlose Menschen angemietet, die der Risikogruppe angehören. Zudem betreibt die Stadt Quarantäneeinrichtungen. Die medizinische Versorgung durch die Straßenambulanz und die Arztpraxen für Wohnungslose geht trotz der erschwerten Bedingungen weiter. Auch der von der Stadt finanzierte Wärmebus der evangelischen Wohnungslosenhilfe ist coronagerecht wieder unterwegs und per E-Mail unter waermebus@hilfswerk-muenchen.de erreichbar.
  • Vor sechs Monaten eröffnete die Clearingstelle Gesundheit, die von Condrobs betrieben wird: Sie beriet in mehr als 100 Fällen Menschen ohne Krankenversicherung oder mit unklarem Versicherungsstatus, wie sie den Weg in die Regelversorgung finden können. Der Gesundheitsfonds der Stadt München mit über jährlich 500.000 Euro stellt den Zugang zur Gesundheitsversorgung sicher. 47 Behandlungen für 23 Personen in der Höhe von insgesamt 77.500 Euro konnten dank diesem Fonds seit Start der Clearingstelle bezahlt werden.
  • Das Übernachtungsschutzprogramm, eine einzigartige Einrichtung in Deutschland, bietet Schlafplätze vor allem für obdachlose EU-Zuwander*innen, die in Deutschland keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Zwischen 350 und 400 Menschen suchen hier pro Nacht Schutz. Seit Beginn der Corona-Pandemie werden obdachlose Zuwandererfamilien nur noch in Ausnahmefällen dort untergebracht und kommen im regulären Wohnungslosensystem unter. Seit März 2020 bis mindestens März 2021 ist das Angebot in Haus 12 auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne auf einen ganztägigen Betrieb umgestellt. Auch werden die Zimmer mit weniger Personen belegt.
  • Anlaufstellen, Tagestreffs, Beratungsstellen und Streetwork arbeiten unter Pandemie-Bedingungen weiter. Darunter fallen zum Beispiel die Beratungsstelle Destouche 89 (Evangelisches Hilfswerk), das Infozentrum Migration und Arbeit mit dem Beratungscafé (Arbeiterwohlfahrt), das Projekt „Bildung statt Betteln“ (Caritasverband München-Freising e.V.), die Bahnhofsmission München, das Haneberghaus St. Bonifaz, die Tagestreffs Teestube „komm“, otto & rosi und das Begegnungszentrum D3 („Trinkerstube“). Die Aufenthaltsmöglichkeiten sind aufgrund der geltenden Abstands- und Hygieneregeln begrenzter als zu „normalen“ Zeiten. Um diese Einschränkungen etwas aufzufangen, finanziert der Stadtrat von November bis April 2021 ein zusätzliches Angebot des Caritasverbandes – die Korbinians Küche – mit: Die ehemaligen Räume der Internationalen Apotheke im Bahnhofsgebäude können mietfrei genutzt werden. In diesen Räumen finden ca. 20-30 Personen gleichzeitig Platz, können sich aufwärmen und eine warme Suppe bekommen.

SPD-Stadtrat Roland Hefter:

„In der Corona-Pandemie brauchen die Schwächsten der Gesellschaft unsere Solidarität. Wir dürfen nicht wegschauen. Wir freuen uns über das ehrenamtliche Engagement in dieser Stadt und die große Bereitschaft zu spenden. Und wir appellieren an die Münchnerinnen und Münchner, auch weiter zu helfen.“

Neue Herausforderungen

  • Suche nach großen Immobilien
    Weil die Zahl der obdachlosen Menschen durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie aller Voraussicht nach zunehmen wird, sucht die Stadt schon jetzt neue Unterkünfte. Gemeinsam mit Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) und dem Sozialreferat appelliert die SPD/Volt-Fraktion an Institutionen und Unternehmen mit großem Immobilienbesitz im Stadtgebiet, ihre Gebäude der Stadt für die Unterbringung wohnungsloser Haushalte zur Verfügung zu stellen. Kirchen, große Immobilienunternehmen und der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband erhalten Schreiben vom Sozialreferat. Interessent*innen können sich per E-Mail an info-objektplanung.soz@muenchen.de wenden.
  • Neubau des Übernachtungsschutzes an der Lotte-Branz-Straße
    Bis spätestens Ende 2023 müssen das Haus 12 und 20 in der Bayernkaserne, also der Übernachtungsschutz für Wohnungslose und die Medizinische Einrichtung für Asylerstuntersuchungen und Infektionsschutz geräumt werden, weil auf dem Gelände ein neues Wohngebiet entsteht. Der Stadtrat hat daher beschlossen, einen Neubau an der Lotte-Branz-Straße im Münchner Norden zu errichten. Im Januar wird die Stadtverwaltung nun die Pläne für das Projekt vorstellen: 800 Schlafplätze sollen vorrangig in Vier-Bett-Zimmer entstehen. Dazu gibt es Krisen-, Kranken- und Untersuchungsräume und behindertengerechte Zimmer mit separaten Sanitäranlagen. Familien erhalten Gemeinschaftsküchen mit Waschmaschinen. Zusätzlich sind medizinische Räume für die Asylerstuntersuchung auf 3000 Quadratmetern geplant.
  • Rasche Corona-Impfung: Ein rascher Impfschutz für die Mitarbeitenden in der Wohnungslosenhilfe ist aus Sicht von SPD/Volt extrem wichtig. Genauso für die Bewohner*innen im Übernachtungsschutz und die älteren Obdachlosen. Hier wäre eine niedrigere Altersgrenze als in der übrigen Bevölkerung wichtig.

Christian Müller, Vorsitzender der SPD/Volt-Fraktion im Stadtrat

„Wir haben jetzt schnell reagiert und die Angebote in der Obdachlosenhilfe den Bedingungen der Corona-Pandemie angepasst. Gleichzeitig denken wir an die Zukunft. Mit dem Neubau des Übernachtungsschutzes an der Lotte-Branz-Straße beweisen wir einmal mehr: Wir nehmen viel Geld in die Hand, damit bei uns niemand auf der Straße schlafen muss. München ist die sicherste Großstadt in Europa. Das zeigt, dass unsere Sozialpolitik wirkt.“

Hier finden Sie eine Übersicht über die Angebote in der Obdachlosenarbeit der Stadt München.